Abspecken
„Na Frau Müller, wie geht’s?“
Der Sachbearbeiter der Bundesagentur für Arbeit lächelte überheblich. Er genoss die neue Macht, die er hatte. Seit kurzem durfte er Leistungen an Arbeitslose vermehrt nach eigenem Ermessen verteilen und war nicht mehr durch gesetzliche Vorgaben gebunden.
Ingrid Müller schwieg und kramte nach einer Zigarette.
„Tun’s die Zigarette weg, Frau Müller“, meint er, „in öffentlichen Gebäuden ist rauchen verboten. Und so lange sie sich noch Zigaretten leisten können, scheinen Sie ja nicht am verhungern zu sein.“
„Bitte“, presste Ingrid Müller heraus, „wegen der Kinder.“
Sie fühlte sich gedemütigt. Die Frau Bundeskanzlerin wollte das so, weil man bei den Sozialmissbrauchern angeblich am meisten einsparen konnte. Frau Merkel wollte es sich schließlich nicht mit den Mächtigen anlegen, mit denen trank sie lieber Champagner. Hatz 4 – Bezieher waren da wesentlich pflegeleichter. Außerdem waren die schließlich schuld an der Banken-Krise. Hatten Konten mit nichts drauf und keine Aktien, an denen die sich bereichern konnten.
„Tut mir leid“, sagte der Sachbearbeiter, „wir müssen jetzt sparen. Sie wissen schon, wegen der Krise. Und seien wir uns ehrlich, die Kinder brauchen wirklich nicht jeden Sonntag ein Eis. Und Ihnen“, sein Blick wanderte von ihren Brüsten zu ihren Hüften, „Ihnen täte ein wenig abspecken auch nicht schaden.“
Ingrid Müller strich ihren Rock glatt und stand auf. „Nun dann...“
„Ich hätte da schon noch eine Idee“, rieb der Sachbearbeiter sein kantiges Kinn. „Es liegt ja nun in meinem Ermessen, seit sie die Gesetze für Sozialschmarotzer abgeschafft haben. Ich könnte Ihnen gern ein bisschen entgegenkommen, wenn Sie mir auch ein bisschen entgegenkommen. Der Sommer soll sehr feucht werden, und Sie brauchen ja noch Gummistiefel für die Kinder, oder?“
Ingrid Müller nickte. „Wie meinen Sie das?“, fragte sie arglos.
Der Sachbearbeiter stand auf und öffnete langsam den Reißverschluss seiner Hose. „Es liegt in meiner Hand, murmelte er, „ob Ihre Kleine weiterhin Blockflöte lernen kann. In meiner Hand...“, er grinste süffisant, „... und in Ihrem Mund.“
Sie würde nicht in die Knie gehen, dachte Ingrid Müller und presste die Lippen aufeinander. Sie nicht.
„Na? Ich hab gehört, die Stromrechnung ist auch noch offen?“
Ingrid Müller ging in die Knie.
Und dann biss sie zu.
https://derstandard.at/1271378244941/Der-Sozialstaat-muss-abspecken
Der Sachbearbeiter der Bundesagentur für Arbeit lächelte überheblich. Er genoss die neue Macht, die er hatte. Seit kurzem durfte er Leistungen an Arbeitslose vermehrt nach eigenem Ermessen verteilen und war nicht mehr durch gesetzliche Vorgaben gebunden.
Ingrid Müller schwieg und kramte nach einer Zigarette.
„Tun’s die Zigarette weg, Frau Müller“, meint er, „in öffentlichen Gebäuden ist rauchen verboten. Und so lange sie sich noch Zigaretten leisten können, scheinen Sie ja nicht am verhungern zu sein.“
„Bitte“, presste Ingrid Müller heraus, „wegen der Kinder.“
Sie fühlte sich gedemütigt. Die Frau Bundeskanzlerin wollte das so, weil man bei den Sozialmissbrauchern angeblich am meisten einsparen konnte. Frau Merkel wollte es sich schließlich nicht mit den Mächtigen anlegen, mit denen trank sie lieber Champagner. Hatz 4 – Bezieher waren da wesentlich pflegeleichter. Außerdem waren die schließlich schuld an der Banken-Krise. Hatten Konten mit nichts drauf und keine Aktien, an denen die sich bereichern konnten.
„Tut mir leid“, sagte der Sachbearbeiter, „wir müssen jetzt sparen. Sie wissen schon, wegen der Krise. Und seien wir uns ehrlich, die Kinder brauchen wirklich nicht jeden Sonntag ein Eis. Und Ihnen“, sein Blick wanderte von ihren Brüsten zu ihren Hüften, „Ihnen täte ein wenig abspecken auch nicht schaden.“
Ingrid Müller strich ihren Rock glatt und stand auf. „Nun dann...“
„Ich hätte da schon noch eine Idee“, rieb der Sachbearbeiter sein kantiges Kinn. „Es liegt ja nun in meinem Ermessen, seit sie die Gesetze für Sozialschmarotzer abgeschafft haben. Ich könnte Ihnen gern ein bisschen entgegenkommen, wenn Sie mir auch ein bisschen entgegenkommen. Der Sommer soll sehr feucht werden, und Sie brauchen ja noch Gummistiefel für die Kinder, oder?“
Ingrid Müller nickte. „Wie meinen Sie das?“, fragte sie arglos.
Der Sachbearbeiter stand auf und öffnete langsam den Reißverschluss seiner Hose. „Es liegt in meiner Hand, murmelte er, „ob Ihre Kleine weiterhin Blockflöte lernen kann. In meiner Hand...“, er grinste süffisant, „... und in Ihrem Mund.“
Sie würde nicht in die Knie gehen, dachte Ingrid Müller und presste die Lippen aufeinander. Sie nicht.
„Na? Ich hab gehört, die Stromrechnung ist auch noch offen?“
Ingrid Müller ging in die Knie.
Und dann biss sie zu.
https://derstandard.at/1271378244941/Der-Sozialstaat-muss-abspecken
testsiegerin - 6. Jun, 20:08
Stellen wir uns jetzt noch vor, Ingrid sei Alleinerzieherin von 3 Kindern; aus dem Job gekündigt nach der letzten Karenz; die Eigentumswohnung wurde von der Bank bereits verwertet, leider unter dem Wert des aushaftenden Kredits; der Partner, mit dem sie sich die Vision vom Eigenheim erfüllt hatte, ist pleite gegangen und untergetaucht; Unterstützung vom verwitweten Vater - selbst Mindestrentner - nimmt sie nur im bescheidendsten Ausmaß: 20 Euro monatlich; die übrige Familie hat sich der Not vorauseilend in Sicherheit gebracht;...
Mir würden da noch viele kleine, aber markige Details einfallen, mit denen eine Ingrid zu tun hat. Nebenbei ist sie noch, wie viele andere Frauen, wehrlose und ohnmächtige Zielscheibe der 4. Hatz.
Was sind wir doch froh, dass Armut so effizient verwaltet wird, dass es den "Sozialhängemattengeistern" endlich an den Kragen geht. Wurde ja Zeit, in Zeiten wie diesen, nicht?
Das einzig sinnvolle, das ich einer Ingrid raten könnte: Gemeinsam mit einer stabilen Vertrauensperson solch kritische Termine zu absolvieren. Ansonsten bleibt nur entlastendes Weinen ob solcher Begebenheiten, die hier nicht sehr überzeichnet wurden. Genaugenommen h o f f e ich darauf, dass die Geschichte ein wenig überzeichnet ist; sicher kann man sich da nie sein.
Hab' Dank für diesen Beitrag, liebe testsiegerin!
Von den 8 Punkten enthält einer (gleich der erste zum Bereich F&E und Bildung) eine Etaterhöhung von 12 Mrd. Euro.
In zwei Punkten lässt sich ein Bekenntnis zur Einsparung von maximal 50.000 Planstellen im öffentlichen Dienst erkennen. Das sind gerade einmal 10 Promille der gesamten Stellen (über einen Zeitraum von 4 Jahren, nota bene!)
In drei Punkten erschöpft sich das Kabinett Merkel/Westerwelle in 0-Aussagen = nichtssagendes Gewäsch.
Die verbleibenden zwei Punkte haben es in sich.
Pkt. 3: Stärkung von Beschäftigungsanreizen und Neujustierung von Sozialleistungen.
Pkt. 6: Stärkung der Autonomie der Bundesagentur für Arbeit
In Pkt. 3 geht es darum, hilfsbedürftigen Menschen gewährte Leistungen zu kürzen. Begründend wird u.a. angeführt: [Zitat] "Es geht jeweils darum, die Anreize zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zu stärken."[Zitat Ende]
Oder etwas später in diesem Punkt: [Zitat] "Die zusätzliche Gewährung von Elterngeld in Höhe von 300 Euro für Bezieher von ALG II verringert den Lohnabstand.[Zitat Ende]
Dem Duktus der Bundesregierung folgend hätte ich noch einige Anregungen für Merkel/Westerwelle parat: Einführung einer Auswanderungsprämie bzw. für das Ablegen der deutschen Staatsbürgerschaft (analog zur "Heimkehrerprämie" für abgelehnte Asylanten); Wiedereinführung der "Aussteuer", welche eine einmalige Abschlagszahlung für ansonsten gebührende Sozialleistungen darstellt; Bereitstellung von Medikamenten der Marke "ad exitum" für final lösungswillige Leistungsbezieher (aber selbst dafür würden unsere dienstbeflissenen Politiker einen Unkostenbeitrag als notwendig erachten).
Der Pkt. 6: Stärkung der Autonomie der Bundesagentur für Arbeit
Die Auswirkungen sind im Beitrag der testsiegerin eindrucksvoll beschrieben.