Donnerstag II
Herr Ahorn tröstete Frau Ahorn, die natürlich nicht seine Frau, sondern eine zufällige Bettgenossin war, mit einem zärtlichen Kuss. Mensch, sind die peinlich, dachte Jasmin. Sollte Ole versuchen sie zu küssen, würde sie ihm eine knallen. Aber der hatte ohnehin keine Zärtlichkeiten im Kopf, sondern nur den Sieg. Er wärmte sich gerade für die nächste Frage auf.
„Bett heißt auf Französisch lit, auf Spanisch cama, im Schwedischen säng und auf Italienisch litto. Und in Finnland vuode.“
„Sehr interessant, aber hör dir erst mal die Frage an.“
„Welche dieser drei Persönlichkeiten starb nicht im Bett? Idi Amin, Benito Mussolini oder Franco?“
„Ha!“, rief Ole aus. „Doc Hollywood starb im Bett. Das stand sogar auf seinem Grabstein, weil es so außergewöhnlich war, dass ein Revolverheld auf diese dramatische Weise ums Leben kam.“
„Du bist mir auch ein Held“, flüsterte Jasmin. Sie hielt zwar Idi Amin für einen schwarzen Rapper und Franco hieß der Friseur gegenüber, und der lebte noch, aber wenigstens hin und wieder hatte sie im Geschichtsunterricht aufgepasst. „Mussolini wurde standrechtlich erschossen“, sagte und schrieb sie und hielt so den Anschluss zu den Nussbäumen.
„In wessen Armen liegt man redensartlich, wenn man schläft?“
Jasmin umklammerte die Tafel und notierte Orpheus. Der Klugscheißer neben ihr sollte bloß nicht denken, dass sie von griechischer Mythologie keine Ahnung hatte.
„Bist du sicher?“ Ole sah sie überheblich an.
„Ganz sicher.“
„Orpheus ist der Sohn von Apollon, dem Gott der Musik, und der Muse Kalliope. Wenn er auf seiner Lyra spielte, dann sollen die Felsen geweint haben.“
„Mein Opa weint auch, wenn ich Klavier spiele. Schad’ ums Geld, sagt er dann immer. Er bezahlt meine Übungsstunden.“
Unmittelbar bevor der Gong ertönte, setzte Ole ein M vor Jasmins Antwort, und aus Orpheus wurde Morpheus.
„Morpheus ist der Gott des Traumes und Sohn des Hypnos, dem Gott des Schlafes.“
„Morpheus und Orpheus verwechsele ich immer. So wie Hanni und Nanni.“
„Wer sind Hanni und Nanni?“
Auch wenn sie sich soeben noch für den Orpheus geschämt hatte, hätte sie Ole jetzt am liebsten angebrüllt, weil sie das Gefühl hatte, dass er sie veralberte. Jedes Kind kennt Hanni und Nanni, aber dieser Typ schien bereits erwachsen auf die Welt gekommen zu sein.
„Wer geht ohne Krimi nie ins Bett?“
Das war natürlich die Mimi, aber die lief bei Ole Leander auch unter der Rubrik Hanni und Nanni, also musste Jasmin diesen Punkt sichern.
„Und jetzt streng dich an, Kleine“, raunte Ole ihr zu, „es geht um die Bettwurst. Es steht nämlich zehn zu neun für die anderen.“
„Ich streng mich schon die ganze Zeit an“, zischte Jasmin böse zurück. „Ohne mich würdest du nämlich noch immer über die spanischen Königshäuser schwafeln.“
Ole hielt ihr die Hand hin. „Frieden?“
„Jepp.“
Um Frieden ging es auch in der nächsten Frage: „Welches berühmte Paar warb mit sogenannten Bed-Ins für den Weltfrieden?“
„Zeus und Hera bestimmt nicht. Vielleicht ja Jean Paul Sartre und Simone de Beauvoir?“, schlug Ole vor, aber Jasmin schüttelte energisch den Kopf. Sie schrieb schon, während sie sagte: „Einmal darfst du noch raten.“ Er sollte ruhig auch einmal so blöd dastehen wie sie.
„Tristan und Isolde?“
„Du bist echt ahnungslos. Vielleicht solltest du dich nicht nur hinter deinen Büchern verkriechen, sondern mal ins richtige Leben begeben?“
Ole zog es vor zu schweigen. Es war nicht das erste Mal, dass jemand ihm diesen Rat erteilte.
„Oh je“, seufzte Herr Huber und Jasmin zuckte zusammen. War ihre Antwort etwa falsch?
„Ich muss das Paar Nussbaum enttäuschen. Siegfried und Roy waren es leider nicht. Der Punkt geht an die Birnen. John Lennon und Yoko Ono warben im Bett für den Weltfrieden.
„Nochmal jepp.“
Die Ahörner lagen noch immer bei drei Punkten, aber das schien ihnen egal zu sein, denn sie warben unter der Daunendecke für ihren ganz persönlichen Frieden.
„Wer liegt auf Spitzwegs berühmtem Bild im ärmlichen Bett mit einem Regenschirm darüber?“
Bei Kunst und Kultur überließ Jasmin gern Ole die Schiefertafel und ersparte sich in diesem Fall eine erneute Blamage, wäre ihre Antwort doch statt Der arme Poet fälschlich Der arme Prolet gewesen. Orpheus und Morpheus. Hanni und Nanni. Daran musste sie in Zukunft unbedingt arbeiten, wenn sie nicht ständig rote Ohren bekommen wollte.
„Elf zu elf!“ Edwin Hubers Stimme überschlug sich vor Aufregung. „Die nächste Frage könnte die Entscheidung bringen. Oh... das ist wirklich eine echte Championfrage. Wer schrieb 1848 Die fremde Frau und der Mann unter dem Bett?“
Das Paar Ahorn kannte sich ohnehin besser im als unter dem Bett aus, aber auch das Paar Nussbaum war diesmal völlig ahnungslos. Erwartungsvoll blickte Jasmin ihren Bettgenossen an.
„Mist. Ausgerechnet jetzt habe ich einen Blackout“, zerstörte Ole all ihre Hoffnungen, schrieb dann aber Fjodor Michailowitsch Dostojewski auf die Tafel. „Jetzt wäre mir doch fast der zweite Vorname nicht eingefallen.“
Auch auf der Tafel der Nussbaums stand ein russischer Schriftsteller, und ihnen waren ebenfalls beide Vornamen eingefallen. Lew Nikolajewitsch Tolstoi. Fragend schaute Jasmin zu Ole, der plötzlich ganz unsicher wirkte. Auch die Menschen draußen hatten keine einheitliche Meinung, sondern diskutierten angeregt miteinander oder zuckten ratlos die Achseln. Einige plädierten für Puschkin oder Gorki, aber das konnte man drinnen ohnehin nicht verstehen.
„Bevor wir die Lösung bekannt geben, möchten wir Ihnen gerne eine Neuheit in unserem Möbelhaus präsentieren. Die Orthopädische Antistress Waterlattex Biotherm Matratze, die Königin unter den Biomatratzen ...“
Jasmin hasste Werbeunterbrechungen und hätte Herrn Huber am liebsten den Stecker herausgezogen.
„Unsere Kandidaten sind zugleich die ersten Testpersonen dieser Neuheit auf dem Matratzenmarkt“, verkündete er stolz und wollte ausgerechnet vom Paar Ahorn wissen, wie es sich darauf anfühlte. Die Beiden steckten kurz den Kopf unter der Decke hervor, gurrten „Hmmmm... guuuuuut“ und zogen sich wieder zurück.
Dann kam die Auflösung. „Es handelt sich um einen russischen Schriftsteller.“ Jasmin und Ole atmeten schwer. „Er wurde in den zwanziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts geboren“, fuhr Huber fort.
„Und? Ist das unserer?“ Sie zupfte Ole am Ärmel seines Pyjamas.
„Das sind sie beide.“
„Jetzt machen Sie es doch nicht so spannend“, flehte Jasmin.
Fortsetzung folgt...
„Bett heißt auf Französisch lit, auf Spanisch cama, im Schwedischen säng und auf Italienisch litto. Und in Finnland vuode.“
„Sehr interessant, aber hör dir erst mal die Frage an.“
„Welche dieser drei Persönlichkeiten starb nicht im Bett? Idi Amin, Benito Mussolini oder Franco?“
„Ha!“, rief Ole aus. „Doc Hollywood starb im Bett. Das stand sogar auf seinem Grabstein, weil es so außergewöhnlich war, dass ein Revolverheld auf diese dramatische Weise ums Leben kam.“
„Du bist mir auch ein Held“, flüsterte Jasmin. Sie hielt zwar Idi Amin für einen schwarzen Rapper und Franco hieß der Friseur gegenüber, und der lebte noch, aber wenigstens hin und wieder hatte sie im Geschichtsunterricht aufgepasst. „Mussolini wurde standrechtlich erschossen“, sagte und schrieb sie und hielt so den Anschluss zu den Nussbäumen.
„In wessen Armen liegt man redensartlich, wenn man schläft?“
Jasmin umklammerte die Tafel und notierte Orpheus. Der Klugscheißer neben ihr sollte bloß nicht denken, dass sie von griechischer Mythologie keine Ahnung hatte.
„Bist du sicher?“ Ole sah sie überheblich an.
„Ganz sicher.“
„Orpheus ist der Sohn von Apollon, dem Gott der Musik, und der Muse Kalliope. Wenn er auf seiner Lyra spielte, dann sollen die Felsen geweint haben.“
„Mein Opa weint auch, wenn ich Klavier spiele. Schad’ ums Geld, sagt er dann immer. Er bezahlt meine Übungsstunden.“
Unmittelbar bevor der Gong ertönte, setzte Ole ein M vor Jasmins Antwort, und aus Orpheus wurde Morpheus.
„Morpheus ist der Gott des Traumes und Sohn des Hypnos, dem Gott des Schlafes.“
„Morpheus und Orpheus verwechsele ich immer. So wie Hanni und Nanni.“
„Wer sind Hanni und Nanni?“
Auch wenn sie sich soeben noch für den Orpheus geschämt hatte, hätte sie Ole jetzt am liebsten angebrüllt, weil sie das Gefühl hatte, dass er sie veralberte. Jedes Kind kennt Hanni und Nanni, aber dieser Typ schien bereits erwachsen auf die Welt gekommen zu sein.
„Wer geht ohne Krimi nie ins Bett?“
Das war natürlich die Mimi, aber die lief bei Ole Leander auch unter der Rubrik Hanni und Nanni, also musste Jasmin diesen Punkt sichern.
„Und jetzt streng dich an, Kleine“, raunte Ole ihr zu, „es geht um die Bettwurst. Es steht nämlich zehn zu neun für die anderen.“
„Ich streng mich schon die ganze Zeit an“, zischte Jasmin böse zurück. „Ohne mich würdest du nämlich noch immer über die spanischen Königshäuser schwafeln.“
Ole hielt ihr die Hand hin. „Frieden?“
„Jepp.“
Um Frieden ging es auch in der nächsten Frage: „Welches berühmte Paar warb mit sogenannten Bed-Ins für den Weltfrieden?“
„Zeus und Hera bestimmt nicht. Vielleicht ja Jean Paul Sartre und Simone de Beauvoir?“, schlug Ole vor, aber Jasmin schüttelte energisch den Kopf. Sie schrieb schon, während sie sagte: „Einmal darfst du noch raten.“ Er sollte ruhig auch einmal so blöd dastehen wie sie.
„Tristan und Isolde?“
„Du bist echt ahnungslos. Vielleicht solltest du dich nicht nur hinter deinen Büchern verkriechen, sondern mal ins richtige Leben begeben?“
Ole zog es vor zu schweigen. Es war nicht das erste Mal, dass jemand ihm diesen Rat erteilte.
„Oh je“, seufzte Herr Huber und Jasmin zuckte zusammen. War ihre Antwort etwa falsch?
„Ich muss das Paar Nussbaum enttäuschen. Siegfried und Roy waren es leider nicht. Der Punkt geht an die Birnen. John Lennon und Yoko Ono warben im Bett für den Weltfrieden.
„Nochmal jepp.“
Die Ahörner lagen noch immer bei drei Punkten, aber das schien ihnen egal zu sein, denn sie warben unter der Daunendecke für ihren ganz persönlichen Frieden.
„Wer liegt auf Spitzwegs berühmtem Bild im ärmlichen Bett mit einem Regenschirm darüber?“
Bei Kunst und Kultur überließ Jasmin gern Ole die Schiefertafel und ersparte sich in diesem Fall eine erneute Blamage, wäre ihre Antwort doch statt Der arme Poet fälschlich Der arme Prolet gewesen. Orpheus und Morpheus. Hanni und Nanni. Daran musste sie in Zukunft unbedingt arbeiten, wenn sie nicht ständig rote Ohren bekommen wollte.
„Elf zu elf!“ Edwin Hubers Stimme überschlug sich vor Aufregung. „Die nächste Frage könnte die Entscheidung bringen. Oh... das ist wirklich eine echte Championfrage. Wer schrieb 1848 Die fremde Frau und der Mann unter dem Bett?“
Das Paar Ahorn kannte sich ohnehin besser im als unter dem Bett aus, aber auch das Paar Nussbaum war diesmal völlig ahnungslos. Erwartungsvoll blickte Jasmin ihren Bettgenossen an.
„Mist. Ausgerechnet jetzt habe ich einen Blackout“, zerstörte Ole all ihre Hoffnungen, schrieb dann aber Fjodor Michailowitsch Dostojewski auf die Tafel. „Jetzt wäre mir doch fast der zweite Vorname nicht eingefallen.“
Auch auf der Tafel der Nussbaums stand ein russischer Schriftsteller, und ihnen waren ebenfalls beide Vornamen eingefallen. Lew Nikolajewitsch Tolstoi. Fragend schaute Jasmin zu Ole, der plötzlich ganz unsicher wirkte. Auch die Menschen draußen hatten keine einheitliche Meinung, sondern diskutierten angeregt miteinander oder zuckten ratlos die Achseln. Einige plädierten für Puschkin oder Gorki, aber das konnte man drinnen ohnehin nicht verstehen.
„Bevor wir die Lösung bekannt geben, möchten wir Ihnen gerne eine Neuheit in unserem Möbelhaus präsentieren. Die Orthopädische Antistress Waterlattex Biotherm Matratze, die Königin unter den Biomatratzen ...“
Jasmin hasste Werbeunterbrechungen und hätte Herrn Huber am liebsten den Stecker herausgezogen.
„Unsere Kandidaten sind zugleich die ersten Testpersonen dieser Neuheit auf dem Matratzenmarkt“, verkündete er stolz und wollte ausgerechnet vom Paar Ahorn wissen, wie es sich darauf anfühlte. Die Beiden steckten kurz den Kopf unter der Decke hervor, gurrten „Hmmmm... guuuuuut“ und zogen sich wieder zurück.
Dann kam die Auflösung. „Es handelt sich um einen russischen Schriftsteller.“ Jasmin und Ole atmeten schwer. „Er wurde in den zwanziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts geboren“, fuhr Huber fort.
„Und? Ist das unserer?“ Sie zupfte Ole am Ärmel seines Pyjamas.
„Das sind sie beide.“
„Jetzt machen Sie es doch nicht so spannend“, flehte Jasmin.
Fortsetzung folgt...
testsiegerin - 2. Sep, 17:22
gar nicht so dumm,