Cordoba
In vier Tagen spielt Deutschland gegen Österreich.
Deshalb hier und heute: Cordoba
„Kleines? Könntest du mir eine Flasche Bier mitbringen, bevor das Match beginnt?“ Sie klappte den Laptop zu. Der Artikel für ihre wöchentliche Kolumne in der Zeitung „Weiberwirtschaft“ war fertig. Über eine Winzermeisterin hatte sie geschrieben und deren Liebe zum Wein. Aber jetzt gab es keinen Wein. Jetzt gab es Fußball, und Fußball bedeutete Bier. Bier, Erdnüsse und Zeit fürs Zehennägel Lackieren. Sie schnalzte mit der Zunge, als ihr Mann mit zwei Flaschen und einer Schale Erdnüsse ins Wohnzimmer kam. Er trug sein Werder Bremen-Trikot. Dabei gab es heute Deutschland gegen Österreich, aber das Nationaldress war in der Wäsche. Er war erst wenige Stunden vorher vom Biochemikerkongress aus Baltimore zurückgekommen. Obwohl sein Anblick sie auch nach fünf Jahren Ehe noch immer erregte, hatte sie abgewinkt, als er ihr langes dunkelbraunes Haar zur Seite legte und sie liebevoll in den Nacken biss. Der Artikel musste noch heute in der Redaktion sein.
Wie immer, wenn es gegen Österreich ging, waren im Sektor mit den deutschen Fans zahlreiche Transparente mit hämischen Kommentaren zu lesen, wie: „30 Jahre nach Cordoba – Ösis frei zum Abschuss!“ Oder für die noch schlichteren Gemüter: „Zeigt’s den Schluchtenscheißern!“ Aber Jogi Löw verkündete vor den Mikrofonen artig seinen Respekt. „Das nächste Spiel ist immer das Schwerste.“ Rosalind liebte solche abgedroschenen Fußballweisheiten. Sie unterstrichen den archaisch-maskulinen Charakter dieses Sports. Dabei musste ihre Einstellung durchaus als radikalfeministisch bezeichnet werden.
Mit ihrer Gesinnung nahmen es die beiden ohnehin oft nicht so genau, so wie damals, als sie an der Treibjagd teilgenommen hatten. Konrads schneidiger Anblick im reaktionären grünen Loden hatte Rosalind dazu verleitet, ihn gierig ins Gebüsch zu zerren, wobei ihm der einzige Schuss an diesem Tag gelungen war, der sein Ziel nicht verfehlte.
Das deutsche Team trug Schwarz-Weiß, während die Österreicher in Rot-Weiß-Rot antraten. Zur Halbzeit lagen die Schwarz-Weißen 2:0 in Führung und Rosalinds Zehennägel waren schwarzkirschenrot.
„Schade eigentlich, dass sie die Hemden nicht auch zur Halbzeit tauschen.“ Ihre Hände krochen unter den grün-weißen Stoff und spürten warmes nacktes Fleisch. Sie betrachtete die durchtrainierten Körper der Stars auf dem Weg in die Kabinen und knetete den Ring am Bauch ihres Mannes, in dem sich seit Jahren das Fett der Erdnüsse ablagerte.
„Magst du das Trikot tauschen mit mir?“ schlug Konrad begeistert vor.
„Später, Liebes. Ist ein wichtiges Match heute.“ Sie küsste ihn flüchtig auf den Mund und zog die Hand wieder zurück. Er nickte und freute sich auf später. Hoffentlich trug sie die grüne Unterwäsche, die er ihr zur neuen Saison geschenkt hatte.
„Aus der prachtvollen Kulisse des Ernst Happel-Stadions begrüßen wir Sie zurück zur zweiten Hälfte, meine Damen und Herren“, ertönte die leicht überdrehte Stimme des Kommentators, die Rosalind jedes Mal aufs Neue erregte. Ihre und Konrads Fingerspitzen suchten und fanden einander in der Schale mit den Erdnüssen.
„Abseits!“ rief sie, als der Linienrichter die Fahne nach oben riss, und Konrad strahlte. Er liebte es, wenn seine Frau begann, ihm die Regeln zu erklären.
„Oh ja, Baby, sag es mir. Ich will es hören. Bitte!“ schmachtete er sie an.
„Eine Abseitsstellung liegt vor, wenn im Moment der Ballabgabe ein Spieler der angreifenden Mannschaft in der gegnerischen Hälfte näher zur Torlinie steht als zwei Spieler der verteidigenden Mannschaft“, zitierte Rosalind und platzierte lächelnd ein paar halbe Erdnüsse als Angreifer und Verteidiger und eine ganze als Ball auf dem Tisch. „Die Abseitsregel ist außer Kraft gesetzt, wenn der Ball vom Gegner zuletzt berührt wurde und wenn er unmittelbar von einem Eckball oder einem Einwurf kommt.“
Jetzt steckte sie verführerisch und ein wenig lasziv ein paar Spieler in den Mund. Konrad hing an den Lippen seiner Liebsten. Aber deren Aufmerksamkeit galt Josef Hickersberger, der an der Seitenauslinie stand und seinen Burschen Anweisungen zubrüllte: „Geht’s zuwe!“
Es war eine typische zweite Halbzeit. Abseitsstellungen wechselten mit Fehlpässen und auf dem Boden liegenden Akteuren, die zu Rosalinds Freude stets in Nahaufnahme gezeigt wurden. Sie hatte ihre rasierten Beine auf Konrads Schoß gelegt und ließ sie sich von ihm streicheln und massieren. Zum Ausgleich hatte sie seine Erdnussversorgung übernommen. Einmal schoben sich seine Hände etwas unter ihren Rock, was sie mit einem unmissverständlichen „Foul an der Strafraumgrenze!“ und fünfminütigem Erdnussentzug quittierte.
Die löchrige Abwehr der Österreicher bescherte den Deutschen noch eine Hand voll bester Gelegenheiten, die sie aber leichtfertig vergaben. „Tore, die man nicht schießt, die bekommt man“, überbrückte der Sprecher eine Verletzungsunterbrechung. Rosalind grinste, als habe er einen anzüglichen Witz gemacht und leckte sich einen Erdnusskrümel von den fett-salzigen Lippen.
Sie ärgerte sich, als Löw ausgerechnet den jungen Clemens Fritz heraus nahm und durch den wenig attraktiven Hilbert ersetzte. Sie fand, dass Fritz durchaus eine gute Figur gemacht hatte.
„So verlieren wir noch“, sagte sie und rieb unruhig ihren Fuß auf Konrads Oberschenkel. Der griff nach ihren Fesseln und dirigierte sie ein bisschen höher und weiter ins Mittelfeld. Als Rosalind spürte, wie seine alte Muskelverhärtung wieder aufbrach, schmiegte sie ihre Sohle ein wenig fester an ihn. Er schaute sie vorwurfsvoll an. „Gefährliches Spiel!“
Sie hörte aber nicht auf mit dem Schmiegen.
„Wir erkennen auf Vorteil!“ sagte sie und grinste herausfordernd. „Du bist ja im Ballbesitz.“ Mit den Zehen machte sie ihm klar, welche Bälle sie meinte. Durch das langweilige Geschiebe auf dem Bildschirm und das ganz und gar nicht langweilige Forechecking seiner Frau wurde auch Konrad mutiger.
„Revanchefoul!“ Er schob seine Finger unter ihren Pulli und sie ließ ihn gewähren, obwohl das klares Handspiel war.
„Alles sieht nach einem sicheren Sieg für unsere Elf aus, aber vergessen wir eines nicht...“ Die Kicker droschen planlos das runde Leder durch die Luft und der Sprecher die nächste Phrase: „Der Ball ist rund.“
„Plural, mein Lieber, Plural!“ Ballverliebt spielte Konrad weiter, während Rosalind offensiv in die Spitze ging. Sie schaute ihm dabei in seine braunen Augen. Ganz in ihre Blicke und in ihre spannende Begegnung vertieft, zuckten sie zusammen, als Österreich den Anschlusstreffer erzielte.
„Da haben wir den Salat!“ Schmollend zog sie ihren Fuß aus seinem Schoß und seine Hand unter ihrem Pulli zurück. Er war über das abrupte Ende ihrer ganz privaten Abtastphase viel enttäuschter als über den Gegentreffer.
„Metzelder!“ benannte er vorwurfsvoll den in beiderlei Hinsicht Schuldigen, dessen peinlicher Fehlpass in der eigenen Verteidigung das Tor ermöglicht hatte. Konrad wusste, dass mit Rosalind in einer solchen Situation nicht gut Erdnussessen war, und vertiefte sich ohne große Begeisterung wieder in das Geschehen auf dem Monitor.
Jogis Mannen hingegen konzentrierten sich immer weniger auf das Spiel und so häuften sich die brenzligen Situationen. In der fünfundsiebzigsten Minute säbelte Frings den flinken Harnik zwanzig Meter vor dem Tor einfach um und erhielt die rote Karte. „Ein sensationeller Freistoß! Ein traumhaftes Ballgefühl!“ schwärmte der Reporter bei Ivanschitzs Ausgleichstreffer in der Zeitlupe.
Rosalind hielt sich die Hände vors Gesicht. Ihr Mann umarmte sie tröstend von hinten und inhalierte den Melonenduft ihrer Körperlotion.
„Ich will auch sofort wieder traumhaftes Ballgefühl haben. Und dann einen Freistoß!“ flüsterte er ihr lüstern ins Ohr. Für ein paar Sekunden rührte sie sich nicht, und er bereitete sich auf einen Feldverweis vor.
„Aber Konrad! Ausgerechnet in dieser wichtigen Phase?“ Er sah aber ihre Augen blitzen und ihre Mundwinkel bewegten sich leicht nach oben.
„Och, möchtest du etwa auf die Verlängerung warten? Dabei wäre er doch schon lang genug“, neckte er sie.
„Aber der Ton bleibt an, ja?“ Rosalind drehte sich um und küsste ihn. Kaum spürbar erst, ganz sanft auf die Lippen. Dann ein kleines bisschen heftiger. Sie spielte mit seiner Zunge und zeigte als Schmankerl ein technisch sauberes Dribbling. Ihre Gedanken waren aber gar nicht mehr sauber, ebenso wenig wie die verschwitzten Trikots beider Mannschaften.
„Jetzt scheinen sie noch einmal alles zu geben, die Österreicher!“ dröhnte es aus dem Lautsprecher und Rosalind flüsterte: „Gibst du mir auch alles, was du hast?“
Konrad nickte, nahm sie in seine kräftigen Biochemiker-Arme und legte sie auf die Ersatzbank. Ihre Abwehr war längst außer Gefecht, als er ihr den Rock höher und den hellgrünen Slip zur Seite schob. Den Fernsehkommentar nahmen beide jetzt nur noch als Wortfetzen wahr. „Schauen Sie nur, wie da am Stoff gezerrt wird!“ Gemeint war allerdings das Trikot von Ballack, der inzwischen nur noch über den Platz humpelte. „Es wird Zeit, dass er rausgenommen wird.“ Das fand Rosalind allerdings auch und knöpfte freudig Konrads Hose auf. „Wir bräuchten jetzt jemanden, der zupacken kann. Das täte dem Spiel gut.“ Rosalind konnte. Und Konrad tat es gut. „In dieser Situation muss Löw Fingerspitzengefühl beweisen.“
Die Beiden auf der Ersatzbank mussten nichts mehr beweisen. Sie fühlten die Fingerspitzen des anderen und schauten sich gierig und leise stöhnend in die Augen. Was dann folgte war gleichermaßen Kellerduell und Spitzenspiel. Konrad wurde offensiver, und Rosalind konnte und wollte seinen Angriffen nichts mehr entgegensetzen. Sie warf ihren Kopf nach hinten und schrie auf. Konzentrierte sich nur noch auf ihren Körper. Seine Hände. Ihre Lust. Seine Zunge. Er genoss es, wenn seine Frau so die Kontrolle über sich verlor.
„Gib ihn mir. Bitte gib ihn mir. Du!“ bettelte sie.
„Was soll ich dir geben?“ fragte er, während er sie nun streichelte. Ganz liebevoll und sanft, nur mit der Sturmspitze sozusagen. „Was willst du denn, Baby?“
„Die Latte!“, tönte es aus dem Fernseher und Rosalind nickte nur.
„Ja, genau. Das will ich.“
Konrad ließ sie noch etwas schmoren. Er liebte es, sie durch kleine Phallrückzieher verrückt zu machen und auf Zeit zu spielen. Er würde schon noch auf seine Kosten kommen. Wie hatte Hickersberger in der Pause so schön gesagt: „Wir werden die Wuchtel schon noch im Netz versenken.“
Sie spreizte einladend die Beine, aber Konrad wollte sich vorher noch ein bisschen warmlaufen und sein Spieler drängte sich zwischen ihre weichwarmen Brüste, die ihn jedoch sofort in die Zange nahmen.
Er streichelte dabei sanft Rosalinds lindrosa Brustwarzen. Als der Druck immer stärker wurde, verwarnte sie ihn: „Die Begegnung droht etwas einseitig zu werden, Darling!“
Gehorsam änderte er seine Taktik und suchte den direkten Weg zum Tor. Während seine Hände so fest nach ihrem Po griffen, wie Jens Lehmann nach dem Ball, spielte er mit der Zunge gefühlvoll in die Tiefe. Durch das Stadion ging ein Raunen, als Martin Stranzl den Pfosten traf, durch das Wohnzimmer ging Rosalinds Stöhnen.
In Wien entwickelte sich die Auseinandersetzung zusehends zur regelrechten Fehde. Immer offensichtlicher wurde gefoult und schließlich flog auch der Österreicher Standfest vom Platz. „Wer so von hinten einsteigt, der muss einfach Rot sehen“, stellte der Sprecher fachkundig fest. Wenn es so war, wollte Konrad auch Rot sehen. Seine Frau kniete sich auf den Teppich, so dass beide einen guten Blick auf den Fernseher hatten.
Der Reporter sah nun „Torchancen hüben wie drüben“, das Spiel auf ein Tor im Wohnzimmer sah er aber nicht. „Jetzt ist alles drin!“ kam es aus dem Lautsprecher, und das spürte auch Rosalind beim nächsten Tempogegenstoß. Längst war das Stadionpublikum aufgewacht. „Da kommt sie endlich, die La-Ola-Welle“, brachte der Kommentator seine unvermeidliche Tautologie. Auch bei Rosalind kamen sie endlich, die ersehnten Wellen, die ihr aus der Möse durch Bauch, Brust und Rückenmark bis ins Gehirn liefen und von dort mehrfach zurückschwappten. Der gute Blick auf den Bildschirm war dabei zweitrangig, und der Ton war ohnehin nicht mehr zu hören.
Konrad befand sich somit bereits in der Nachspielzeit, als Harnik sich in der eigenen Hälfte den Ball erkämpfte und zu einen atemberaubenden Solo ansetzte. „Was für ein brillanter Techniker! Jetzt könnte er frei zum Schuss kommen!“ Das ließ sich Konrad nicht zweimal sagen.
„Jaaaaa!“ entfuhr es ihm befreit.
„Neeeiiin!“ schrie Rosalind gleichzeitig.
Nicht, dass sie ihm seinen Orgasmus nicht gegönnt hätte, ganz im Gegenteil. Aber während er gekommen war, hatte auch Harnik einen Treffer gelandet, genau in den rechten Torwinkel.
Konrad ließ sich erschöpft nach hinten fallen und zog sie in seine Arme. Rosalind weinte. Aber sie weinte oft nach einem Höhepunkt, wenn die ganze Spannung sich auflöste und Nähe und Vertrautheit die Erregung ablösten.
„Der Geist von Cordoba ist auferstanden! Eine blamable Niederlage, wenn auch nur in einem Freundschaftsspiel.“
Die Beiden hingegen genossen erschöpft den gemeinsamen Sieg in ihrem Liebesspiel. Konrad drückte auf die Eject-Taste des Videorekorders. Deutschland-Österreich 2008 stand auf dem abgegriffenen Etikett der Kassette.
„Immer wieder spannend, oder?“ Rosalind lächelte zufrieden.
Deshalb hier und heute: Cordoba
„Kleines? Könntest du mir eine Flasche Bier mitbringen, bevor das Match beginnt?“ Sie klappte den Laptop zu. Der Artikel für ihre wöchentliche Kolumne in der Zeitung „Weiberwirtschaft“ war fertig. Über eine Winzermeisterin hatte sie geschrieben und deren Liebe zum Wein. Aber jetzt gab es keinen Wein. Jetzt gab es Fußball, und Fußball bedeutete Bier. Bier, Erdnüsse und Zeit fürs Zehennägel Lackieren. Sie schnalzte mit der Zunge, als ihr Mann mit zwei Flaschen und einer Schale Erdnüsse ins Wohnzimmer kam. Er trug sein Werder Bremen-Trikot. Dabei gab es heute Deutschland gegen Österreich, aber das Nationaldress war in der Wäsche. Er war erst wenige Stunden vorher vom Biochemikerkongress aus Baltimore zurückgekommen. Obwohl sein Anblick sie auch nach fünf Jahren Ehe noch immer erregte, hatte sie abgewinkt, als er ihr langes dunkelbraunes Haar zur Seite legte und sie liebevoll in den Nacken biss. Der Artikel musste noch heute in der Redaktion sein.
Wie immer, wenn es gegen Österreich ging, waren im Sektor mit den deutschen Fans zahlreiche Transparente mit hämischen Kommentaren zu lesen, wie: „30 Jahre nach Cordoba – Ösis frei zum Abschuss!“ Oder für die noch schlichteren Gemüter: „Zeigt’s den Schluchtenscheißern!“ Aber Jogi Löw verkündete vor den Mikrofonen artig seinen Respekt. „Das nächste Spiel ist immer das Schwerste.“ Rosalind liebte solche abgedroschenen Fußballweisheiten. Sie unterstrichen den archaisch-maskulinen Charakter dieses Sports. Dabei musste ihre Einstellung durchaus als radikalfeministisch bezeichnet werden.
Mit ihrer Gesinnung nahmen es die beiden ohnehin oft nicht so genau, so wie damals, als sie an der Treibjagd teilgenommen hatten. Konrads schneidiger Anblick im reaktionären grünen Loden hatte Rosalind dazu verleitet, ihn gierig ins Gebüsch zu zerren, wobei ihm der einzige Schuss an diesem Tag gelungen war, der sein Ziel nicht verfehlte.
Das deutsche Team trug Schwarz-Weiß, während die Österreicher in Rot-Weiß-Rot antraten. Zur Halbzeit lagen die Schwarz-Weißen 2:0 in Führung und Rosalinds Zehennägel waren schwarzkirschenrot.
„Schade eigentlich, dass sie die Hemden nicht auch zur Halbzeit tauschen.“ Ihre Hände krochen unter den grün-weißen Stoff und spürten warmes nacktes Fleisch. Sie betrachtete die durchtrainierten Körper der Stars auf dem Weg in die Kabinen und knetete den Ring am Bauch ihres Mannes, in dem sich seit Jahren das Fett der Erdnüsse ablagerte.
„Magst du das Trikot tauschen mit mir?“ schlug Konrad begeistert vor.
„Später, Liebes. Ist ein wichtiges Match heute.“ Sie küsste ihn flüchtig auf den Mund und zog die Hand wieder zurück. Er nickte und freute sich auf später. Hoffentlich trug sie die grüne Unterwäsche, die er ihr zur neuen Saison geschenkt hatte.
„Aus der prachtvollen Kulisse des Ernst Happel-Stadions begrüßen wir Sie zurück zur zweiten Hälfte, meine Damen und Herren“, ertönte die leicht überdrehte Stimme des Kommentators, die Rosalind jedes Mal aufs Neue erregte. Ihre und Konrads Fingerspitzen suchten und fanden einander in der Schale mit den Erdnüssen.
„Abseits!“ rief sie, als der Linienrichter die Fahne nach oben riss, und Konrad strahlte. Er liebte es, wenn seine Frau begann, ihm die Regeln zu erklären.
„Oh ja, Baby, sag es mir. Ich will es hören. Bitte!“ schmachtete er sie an.
„Eine Abseitsstellung liegt vor, wenn im Moment der Ballabgabe ein Spieler der angreifenden Mannschaft in der gegnerischen Hälfte näher zur Torlinie steht als zwei Spieler der verteidigenden Mannschaft“, zitierte Rosalind und platzierte lächelnd ein paar halbe Erdnüsse als Angreifer und Verteidiger und eine ganze als Ball auf dem Tisch. „Die Abseitsregel ist außer Kraft gesetzt, wenn der Ball vom Gegner zuletzt berührt wurde und wenn er unmittelbar von einem Eckball oder einem Einwurf kommt.“
Jetzt steckte sie verführerisch und ein wenig lasziv ein paar Spieler in den Mund. Konrad hing an den Lippen seiner Liebsten. Aber deren Aufmerksamkeit galt Josef Hickersberger, der an der Seitenauslinie stand und seinen Burschen Anweisungen zubrüllte: „Geht’s zuwe!“
Es war eine typische zweite Halbzeit. Abseitsstellungen wechselten mit Fehlpässen und auf dem Boden liegenden Akteuren, die zu Rosalinds Freude stets in Nahaufnahme gezeigt wurden. Sie hatte ihre rasierten Beine auf Konrads Schoß gelegt und ließ sie sich von ihm streicheln und massieren. Zum Ausgleich hatte sie seine Erdnussversorgung übernommen. Einmal schoben sich seine Hände etwas unter ihren Rock, was sie mit einem unmissverständlichen „Foul an der Strafraumgrenze!“ und fünfminütigem Erdnussentzug quittierte.
Die löchrige Abwehr der Österreicher bescherte den Deutschen noch eine Hand voll bester Gelegenheiten, die sie aber leichtfertig vergaben. „Tore, die man nicht schießt, die bekommt man“, überbrückte der Sprecher eine Verletzungsunterbrechung. Rosalind grinste, als habe er einen anzüglichen Witz gemacht und leckte sich einen Erdnusskrümel von den fett-salzigen Lippen.
Sie ärgerte sich, als Löw ausgerechnet den jungen Clemens Fritz heraus nahm und durch den wenig attraktiven Hilbert ersetzte. Sie fand, dass Fritz durchaus eine gute Figur gemacht hatte.
„So verlieren wir noch“, sagte sie und rieb unruhig ihren Fuß auf Konrads Oberschenkel. Der griff nach ihren Fesseln und dirigierte sie ein bisschen höher und weiter ins Mittelfeld. Als Rosalind spürte, wie seine alte Muskelverhärtung wieder aufbrach, schmiegte sie ihre Sohle ein wenig fester an ihn. Er schaute sie vorwurfsvoll an. „Gefährliches Spiel!“
Sie hörte aber nicht auf mit dem Schmiegen.
„Wir erkennen auf Vorteil!“ sagte sie und grinste herausfordernd. „Du bist ja im Ballbesitz.“ Mit den Zehen machte sie ihm klar, welche Bälle sie meinte. Durch das langweilige Geschiebe auf dem Bildschirm und das ganz und gar nicht langweilige Forechecking seiner Frau wurde auch Konrad mutiger.
„Revanchefoul!“ Er schob seine Finger unter ihren Pulli und sie ließ ihn gewähren, obwohl das klares Handspiel war.
„Alles sieht nach einem sicheren Sieg für unsere Elf aus, aber vergessen wir eines nicht...“ Die Kicker droschen planlos das runde Leder durch die Luft und der Sprecher die nächste Phrase: „Der Ball ist rund.“
„Plural, mein Lieber, Plural!“ Ballverliebt spielte Konrad weiter, während Rosalind offensiv in die Spitze ging. Sie schaute ihm dabei in seine braunen Augen. Ganz in ihre Blicke und in ihre spannende Begegnung vertieft, zuckten sie zusammen, als Österreich den Anschlusstreffer erzielte.
„Da haben wir den Salat!“ Schmollend zog sie ihren Fuß aus seinem Schoß und seine Hand unter ihrem Pulli zurück. Er war über das abrupte Ende ihrer ganz privaten Abtastphase viel enttäuschter als über den Gegentreffer.
„Metzelder!“ benannte er vorwurfsvoll den in beiderlei Hinsicht Schuldigen, dessen peinlicher Fehlpass in der eigenen Verteidigung das Tor ermöglicht hatte. Konrad wusste, dass mit Rosalind in einer solchen Situation nicht gut Erdnussessen war, und vertiefte sich ohne große Begeisterung wieder in das Geschehen auf dem Monitor.
Jogis Mannen hingegen konzentrierten sich immer weniger auf das Spiel und so häuften sich die brenzligen Situationen. In der fünfundsiebzigsten Minute säbelte Frings den flinken Harnik zwanzig Meter vor dem Tor einfach um und erhielt die rote Karte. „Ein sensationeller Freistoß! Ein traumhaftes Ballgefühl!“ schwärmte der Reporter bei Ivanschitzs Ausgleichstreffer in der Zeitlupe.
Rosalind hielt sich die Hände vors Gesicht. Ihr Mann umarmte sie tröstend von hinten und inhalierte den Melonenduft ihrer Körperlotion.
„Ich will auch sofort wieder traumhaftes Ballgefühl haben. Und dann einen Freistoß!“ flüsterte er ihr lüstern ins Ohr. Für ein paar Sekunden rührte sie sich nicht, und er bereitete sich auf einen Feldverweis vor.
„Aber Konrad! Ausgerechnet in dieser wichtigen Phase?“ Er sah aber ihre Augen blitzen und ihre Mundwinkel bewegten sich leicht nach oben.
„Och, möchtest du etwa auf die Verlängerung warten? Dabei wäre er doch schon lang genug“, neckte er sie.
„Aber der Ton bleibt an, ja?“ Rosalind drehte sich um und küsste ihn. Kaum spürbar erst, ganz sanft auf die Lippen. Dann ein kleines bisschen heftiger. Sie spielte mit seiner Zunge und zeigte als Schmankerl ein technisch sauberes Dribbling. Ihre Gedanken waren aber gar nicht mehr sauber, ebenso wenig wie die verschwitzten Trikots beider Mannschaften.
„Jetzt scheinen sie noch einmal alles zu geben, die Österreicher!“ dröhnte es aus dem Lautsprecher und Rosalind flüsterte: „Gibst du mir auch alles, was du hast?“
Konrad nickte, nahm sie in seine kräftigen Biochemiker-Arme und legte sie auf die Ersatzbank. Ihre Abwehr war längst außer Gefecht, als er ihr den Rock höher und den hellgrünen Slip zur Seite schob. Den Fernsehkommentar nahmen beide jetzt nur noch als Wortfetzen wahr. „Schauen Sie nur, wie da am Stoff gezerrt wird!“ Gemeint war allerdings das Trikot von Ballack, der inzwischen nur noch über den Platz humpelte. „Es wird Zeit, dass er rausgenommen wird.“ Das fand Rosalind allerdings auch und knöpfte freudig Konrads Hose auf. „Wir bräuchten jetzt jemanden, der zupacken kann. Das täte dem Spiel gut.“ Rosalind konnte. Und Konrad tat es gut. „In dieser Situation muss Löw Fingerspitzengefühl beweisen.“
Die Beiden auf der Ersatzbank mussten nichts mehr beweisen. Sie fühlten die Fingerspitzen des anderen und schauten sich gierig und leise stöhnend in die Augen. Was dann folgte war gleichermaßen Kellerduell und Spitzenspiel. Konrad wurde offensiver, und Rosalind konnte und wollte seinen Angriffen nichts mehr entgegensetzen. Sie warf ihren Kopf nach hinten und schrie auf. Konzentrierte sich nur noch auf ihren Körper. Seine Hände. Ihre Lust. Seine Zunge. Er genoss es, wenn seine Frau so die Kontrolle über sich verlor.
„Gib ihn mir. Bitte gib ihn mir. Du!“ bettelte sie.
„Was soll ich dir geben?“ fragte er, während er sie nun streichelte. Ganz liebevoll und sanft, nur mit der Sturmspitze sozusagen. „Was willst du denn, Baby?“
„Die Latte!“, tönte es aus dem Fernseher und Rosalind nickte nur.
„Ja, genau. Das will ich.“
Konrad ließ sie noch etwas schmoren. Er liebte es, sie durch kleine Phallrückzieher verrückt zu machen und auf Zeit zu spielen. Er würde schon noch auf seine Kosten kommen. Wie hatte Hickersberger in der Pause so schön gesagt: „Wir werden die Wuchtel schon noch im Netz versenken.“
Sie spreizte einladend die Beine, aber Konrad wollte sich vorher noch ein bisschen warmlaufen und sein Spieler drängte sich zwischen ihre weichwarmen Brüste, die ihn jedoch sofort in die Zange nahmen.
Er streichelte dabei sanft Rosalinds lindrosa Brustwarzen. Als der Druck immer stärker wurde, verwarnte sie ihn: „Die Begegnung droht etwas einseitig zu werden, Darling!“
Gehorsam änderte er seine Taktik und suchte den direkten Weg zum Tor. Während seine Hände so fest nach ihrem Po griffen, wie Jens Lehmann nach dem Ball, spielte er mit der Zunge gefühlvoll in die Tiefe. Durch das Stadion ging ein Raunen, als Martin Stranzl den Pfosten traf, durch das Wohnzimmer ging Rosalinds Stöhnen.
In Wien entwickelte sich die Auseinandersetzung zusehends zur regelrechten Fehde. Immer offensichtlicher wurde gefoult und schließlich flog auch der Österreicher Standfest vom Platz. „Wer so von hinten einsteigt, der muss einfach Rot sehen“, stellte der Sprecher fachkundig fest. Wenn es so war, wollte Konrad auch Rot sehen. Seine Frau kniete sich auf den Teppich, so dass beide einen guten Blick auf den Fernseher hatten.
Der Reporter sah nun „Torchancen hüben wie drüben“, das Spiel auf ein Tor im Wohnzimmer sah er aber nicht. „Jetzt ist alles drin!“ kam es aus dem Lautsprecher, und das spürte auch Rosalind beim nächsten Tempogegenstoß. Längst war das Stadionpublikum aufgewacht. „Da kommt sie endlich, die La-Ola-Welle“, brachte der Kommentator seine unvermeidliche Tautologie. Auch bei Rosalind kamen sie endlich, die ersehnten Wellen, die ihr aus der Möse durch Bauch, Brust und Rückenmark bis ins Gehirn liefen und von dort mehrfach zurückschwappten. Der gute Blick auf den Bildschirm war dabei zweitrangig, und der Ton war ohnehin nicht mehr zu hören.
Konrad befand sich somit bereits in der Nachspielzeit, als Harnik sich in der eigenen Hälfte den Ball erkämpfte und zu einen atemberaubenden Solo ansetzte. „Was für ein brillanter Techniker! Jetzt könnte er frei zum Schuss kommen!“ Das ließ sich Konrad nicht zweimal sagen.
„Jaaaaa!“ entfuhr es ihm befreit.
„Neeeiiin!“ schrie Rosalind gleichzeitig.
Nicht, dass sie ihm seinen Orgasmus nicht gegönnt hätte, ganz im Gegenteil. Aber während er gekommen war, hatte auch Harnik einen Treffer gelandet, genau in den rechten Torwinkel.
Konrad ließ sich erschöpft nach hinten fallen und zog sie in seine Arme. Rosalind weinte. Aber sie weinte oft nach einem Höhepunkt, wenn die ganze Spannung sich auflöste und Nähe und Vertrautheit die Erregung ablösten.
„Der Geist von Cordoba ist auferstanden! Eine blamable Niederlage, wenn auch nur in einem Freundschaftsspiel.“
Die Beiden hingegen genossen erschöpft den gemeinsamen Sieg in ihrem Liebesspiel. Konrad drückte auf die Eject-Taste des Videorekorders. Deutschland-Österreich 2008 stand auf dem abgegriffenen Etikett der Kassette.
„Immer wieder spannend, oder?“ Rosalind lächelte zufrieden.
testsiegerin - 2. Feb, 12:05
herrlich vortrefflich wunderbar............
*sucht den videorekorder aus dem keller*
herrlich...
deine wortspiele sind soooo schöööööön....
dankeschön. hast du den videorekorder gefunden?
@ bremen-huching:
danke noch einmal.
orange sind aber hauptsächlich die socken, oder?
https://www.fanandmore.info/lshop,showrub,16980,d,1195162887-20159,fussballtrikots.1190202980.svwerderbremen.trikothosestutzen,,,,.htm?gclid=COrVoqPqp5ECFQrAaAodMwwvfQ