Lieber Herwig,
was ich mit dir mache, fragst du? Gar nichts mache ich. Das Schicksal macht. Glaubst du ans Schicksal? Ich finde die Sache mit dem Schicksal praktisch, da ist man für sein Tun nicht verantwortlich, weil sowieso dieses Schicksal seine dreckigen Hände im Spiel hat.
Ich muss dir etwas gestehen, Herwig: Ich habe mich am Wochenende verliebt.
In Jenny.
Die Kleine ist voll süß. Dabei hab ich vor ihr mehr Angst gehabt als vor unserem Zusammentreffen. Kinder können ja grausam sein, und habe befürchtet, deine Tochter wird mich verachten, weil ich ihr für ein paar Stunden den Papa stehle. Ich bin aber keine Diebin, oder zumindest eine anständige, die das Diebsgut gerecht teilt.
Was hast du Jenny eigentlich über mich erzählt? Sie hat mich angestarrt wie ein UFO, das soeben im Schulhof gelandet ist und mir ständig auf die Füße gestarrt. Hast du wirklich geglaubt, ich fahre in schwarzen Gummistiefeln auf den Adventmarkt? „Du kannst ja sprechen“, hat sie fassungslos gesagt und ein wenig später „und Schreckschraube bist du auch keine“, in mein Ohr geflüstert.
Du hast also deiner Tochter erzählst, ihr verbringt den Sonntagnachmittag mit einer stummen, gummibestiefelten, dämlichen Zicke, die kleine Kinder frisst, wie?
Im Übrigen kannte sie mindestens so viele Schimpfwörter wie ich, wenn auch nicht so schöne, und meine Witze hatten ausnahmslos eine Pointe, die hat sich Jenny nur nicht gemerkt.
Ach, ich beneide sie ein bisschen, ich hätte auch gerne jemanden, der mir manchmal vorliest.
Über Beatrix hat sie mir auch erzählt, deine Tochter. (Unaufgefordert, ich schwöre!) Dass sie letztens mit euch Eislaufen war und wie Kelly Clarkson ausschaut, hab ich in Erfahrung gebracht. Ich habe soeben nach dieser Kelly gegoogelt. Nach mausgrauer, netter Kollegin schaut die aber wirklich nicht aus! Ich weiß, es geht mich nichts an. Du kannst schließlich Eislaufen gehen mit wem du willst, sogar mit Kelly Clarkson. Mich friert dabei sowieso immer.
Aber Frauen, die so ausschauen, die schicken einen nicht aus Mitgefühl zum Amtsarzt. Die tun das aus eiskalter Berechnung.
Ich meine es nur gut mit dir, Herwig. Nimm dich bitte in Acht vor der. Wolltest du nicht irgendwann einen neuen Job suchen? Das kann ohnehin nicht die Erfüllung sein, so ein Ärmelschonerberuf auf einer Behörde.
Ich schick dir zwei Küsse. Einer ist für Jenny. Richte ihr bitte aus, dass ich sie sehr mag. Und einer ist für ihren Vater. Sag ihm, dass ich ihn auch mag. Sag ihm, meine Gefühle sind bestimmt tiefer und ehrlicher als die von Kelly Clarkson, und meine Küsse besser.
Ich weiß jetzt übrigens, warum du mir damals mohnroten Lippenstift geschenkt hast. Nicht aufgrund deiner Liebe zum Waldviertel und meiner Liebe zum Lippenstift, nein. Rote Lippen, hab ich gelesen, verstören das männliche Kleinhirn. Der Mund signalisiert Eros, während andere Körpersignale eine andere Sprache sprechen - "Jetzt nicht" zum Beispiel. Und das kleine Männerhirn nimmt diese Mischung aus widersprüchlichen Signalen als weibliche Dominanz wahr. Zu Recht, sagt die Studie.
Herwig?
Ich sag dir jetzt nicht, dass das ein wunderschöner Nachmittag für mich war. Und dass ich mich in Wahrheit gar nicht gefürchtet hab vor den Krampüssern (ist das Plural von Krampus?). Und dass ich das Lehnen und Lächeln bei der Trockenbeerenauslese sehr genossen hab. Das alles behalte ich bei mir. Es sind meine Geheimnisse. Sonst wirst du noch übermütig.
Deine Barbara
P.S. Ich hab weder Jenny noch dich fragen getraut. Wo ist eigentlich ihre Mutter? Du musst das aber nicht beantworten, wenn es dir unangenehm ist, ja?
testsiegerin - 5. Dez, 21:57
Liebe Barbara,
Jenny ist grad eingeschlafen, nachdem ich ihr aus „Jakob und der gewisse Herr Stinki“ vorgelesen habe. Sie kann zwar längst selber lesen, aber sie liebt es noch immer, sich an mich zu kuscheln und mir zuzuhören. Ein witziges Buch ist das, ich musste beim Vorlesen ein paar Mal laut lachen, und irre schön ist es illustriert. Sie hat sich so drüber gefreut!
Ja, Jenny schläft also jetzt und hat den Tag total genossen.
Ich sitz hier mit einem Glas Rotwein (diesmal kein Moet Chandon, sondern blauer Zweigelt, den wir vor ein paar Stunden gemeinsam im Keller verkostet haben) am Kamin und in mir geht’s drunter und drüber.
Mensch, du.
Blutige Fingernägel hab ich, vom Maronischälen, und wahrscheinlich muss ich mich morgen krankmelden, weil ich nicht tippen kann. Wie können eine (halbwegs) erwachsene Frau und ein kleines Kind gemeinsam hundert Edelkastanien verdrücken?
Hast du eigentlich bemerkt, dass ich auch da war? Abgesehen von dem einen Augenblick, wo du mich auf den Mund geküsst hast, nachdem du das Schmalzbrot mit Zwiebel und Knoblauch gegessen hast? Du hast gut geschmeckt, trotzdem. Ich wünsch mir mehr davon, Barbara. Mehr von dir und deinen Küssen. Wenn du magst, streich ich dir vorher ein Brot mit Orangenmarmelade.
Es waren nur ein paar Momente, Barbara, in denen ich kurz das Gefühl hatte, dass du deine Widerspenstigkeit verlierst, aber diese kostbaren Momente habe ich inhaliert wie ein Beduine orientalischen Apfeltabak. Als du dich beim Perchtenlauf ängstlich an mich geklammert hast, weil die pelzigen Gestalten so furchterregend mit den Ketten gerasselt haben, da hab ich gespürt, wie weich und warm du bist, innen wie außen. Und bei der Trockenbeerenauslese, da hast du dich an mich gelehnt und mich angelächelt, so süß und schwer wie der Wein, und ganz ohne Zynismus. Bis Jenny sich dazwischen gedrängt hat, dieses kleine Biest.
Ich bin ja froh, dass du dich mit ihr so gut verstanden hast, sie war heute früh ohnehin total traurig, als Jessica abgesagt hat. Aber ich hätte halt auch gern ein bisschen mehr von dir gehabt. Immerhin, Jenny hat mir auf dem Nachhauseweg vier schlechte Witze ohne Pointe erzählt und kennt dreiundzwanzig neue Schimpfwörter. Gratuliere. Sie findet dich cool. Na super. Und du, findest du es wirklich in Ordnung, einer Achtjährigen Sprüche wie Du hast wohl einen Furz quer im Gehirn sitzen beizubringen?
Mindestens ein Jahr Erziehungsarbeit beim Teufel, verdammt noch mal, du Aas!
Bist du mir sehr böse, weil ich dir auf dem Nachhauseweg meinen Wagen nicht überlassen habe? Weißt du, es wäre mir einfach peinlich gewesen, wenn du ins Radar gedonnert wärst und ich mir selbst eine Anonymverfügung ausstellen muss. Ich bin ja für mich auch nicht sehr anonym.
Ich hab grad ein Gedicht auf ein Blatt Papier gekritzelt. Ich weiß, ich bin kein Hesse. Nur Korneuburger. Jurist. Ein verliebter Mann. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger. Wenn es dir danach besser geht, dann zerreiß es in der Luft.
Schale um Schale
will ich von deinem Herzen schälen
selbst wenn ich mich dabei verletze
es warm und willig
halten
nicht zu fest
riskieren will ich
dass ich mich verbrenne
an deiner Glut
Barbara Barbara Barbara Barbara
was machst du mit mir?
Dein Herwig
testsiegerin - 4. Dez, 21:05
Lieber Herwig,
zuerst war ich nicht sicher, ob ich dir glauben soll oder nicht, aber weil grad Vorweihnachtszeit ist, hab ich beschlossen, dass du die Wahrheit sagst und mit dem Schreiben und der Vorladung zum Amtsarzt nichts zu tun hast. Sicherheitshalber hab ich im Telefonbuch nachgeschaut. Diese Beatrix Sattmann-Tauber gibt es also tatsächlich. Ich finde Doppelnamen übrigens voll bescheuert. Nur Frauen, die sich bei der Hochzeit nicht durchgesetzt haben, tragen Doppelnamen. Es hat irgendwie so etwas pseudo-feministisches, den eigenen Namen als Anhängsel hintendran zu hängen. Wirklich emanzipierte Frauen behalten ihren Namen einfach. Barbara A. Steiner-Lehner, das klingt nicht wirklich gut. Herwig Lehner-Steiner aber auch nicht. Wir haben Glück gehabt. Nicht, dass ich auch nur im Traum daran denken würde, dich zu heiraten, ich hab halt grad so herumgespielt mit unseren Namen, mehr nicht. Darauf brauchst du dir überhaupt nichts einzubilden, das mach ich ständig.
Weißt du, was mich ärgert? Du denkst immer so entsetzlich positiv. Ich hasse diesen Optimismus. Immer siehst du nur das Gute in den Menschen.
Ich hab den Brief von deiner Kollegin ja einem Freund von mir gezeigt, und der hat sinngemäß gemeint, dass diese Beatrix Doppel-Name selbstredend total auf dich abfährt und mich als Nebenbuhlerin betrachtet und ausschalten will. Wahrscheinlich bin ich nicht die Erste, sondern sie hat schon ein paar Konkurrentinnen auf diese Art aus dem Weg geräumt. Die sitzen jetzt vollgepumpt mit Neuroleptika in der psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses und flechten Glasuntersetzer aus Bast.
Und du nennst diese Trixi-Kollegin auch noch „eine ganz eine Liebe“. Aber ich lasse heute Milde walten und schreibe das deiner männlichen Naivität zu.
Grüße
Barbara
P.S. Ich werde pünktlich vor dem Rathaus sein.
testsiegerin - 3. Dez, 19:02
Ach Barbara,
du bist irgendwie lieb, wenn du so wütend bist. Ich würde dich jetzt gerne in meine Arme nehmen und hoffen, dass du mir nicht mein Gesicht zerkratzt oder mir in die Augen spuckst.
Das wäre nämlich ungerecht. Ich habe ein reines Gewissen und wasche meine Hände in Unschuld.
Einen riesigen Schreck hab ich gekriegt, als ich heute früh – nach drei Tagen Pflegeurlaub (Jenny hatte 37,1 Temperatur – also hohes Fieber und konnte auf keinen Fall in die Schule gehen) wieder ins Amt kam und deine Beleidigungen las. (Du warst schon mal origineller, ganz nebenbei bemerkt.)
Ich hab mich gar nicht ausgekannt, was dich so auf die Palme gebracht hat, aber dann sah ich den Akt offen auf dem Tisch liegen. Dein Brief an die Behörde war drin, witzig und maßlos übertrieben wie immer - die Antwort von meiner Kollegin, und die Mitteilung an den Amtsarzt.
Du musst wissen, Trixi ist eigentlich eine ganz eine liebe. Etwas spröde ist sie und nicht mit reichlich Humor gesegnet, und sie sorgt sich mehr um die Leute als es notwendig ist. Ich bin mir sicher, dass sie dich damit nicht ärgern oder gar verletzen wollte.
Der Amtsarzt spielt mit mir in Volleyball-Mannschaft (er ist der beste Aufschläger, den du dir vorstellen kannst) und ich werde ihn mir am Mittwoch zur Brust nehmen, damit er den Zettel unbemerkt verschwinden lässt. Du weißt, dass mir so etwas nicht leicht fällt, aber du bist es mir wert, dass ich meinen Job aufs Spiel setze. Wenn ich es mir so recht überlege, gibt es ohnehin Berufe, die spannender sind als der eines Juristen auf der Strafabteilung.
Kannst du bitte in Zukunft „Persönlich“ auf die Briefe schreiben, damit nicht wieder so ein Missverständnis passiert?
Jenny ist wieder ganz gesund und freut sich darauf, dich kennen zu lernen. Sie würde gerne ihre beste Freundin zum Adventmarkt mitnehmen. Ich hab ihr gesagt, da du nichts gegen Britney und Pamela und Paris hast, wirst du auch kein Problem mit Jessica haben.
Treffen wir uns um drei vor dem Korneuburger Rathaus?
Ich freu mich sehr.
Dein Herwig
P.S. Wir haben keinen Cockerspaniel. Nur ein Meerschweinchen namens Chardonnay.
testsiegerin - 2. Dez, 16:27
Herwig,
du Arschgeige, du Beutelratte, du Charakterschwein ... (den Rest bis Y kannst du dir denken) ... du Zwergpinscher!
Boahh, ich kann dir gar nicht sagen, wie wütend ich bin. Jetzt bist du zu weit gegangen, Herwig, viel zu weit. Mich als psychisch krank zu bezeichnen und zum Psychiater zu schicken. Du bist wohl völlig übergeschnappt. Jetzt ist Schluss mit lustig. Da hört sich der Spaß nämlich wirklich auf.
Krall dir deinen blöden Cockerspaniel und geh mit ihm und Jennifer auf den Adventmarkt. Am besten in den unterirdischen Teil. Und noch am besten kommst du gar nicht mehr rauf.
Mich lass in Zukunft in Ruhe.
Adieu.
Barbara
testsiegerin - 2. Dez, 12:13
Sehr geehrte Frau Lehner,
wir bestätigen den Erhalt Ihres Schreibens und übersenden Ihnen in der Beilage die Vorladung zur amtsärztlichen Untersuchung, in der Ihre aktuelle und prospektive Verkehrstauglichkeit geprüft wird. Dazu sehen wir uns aufgrund Ihres Schreibens leider gezwungen.
Im Anschluss an das amtsärztliche Gutachten werden Sie gebeten, beim Kuratorium für Verkehrssicherheit einen Termin für die VPU (Verkehrspsychologische Untersuchung) zu vereinbaren.
Diese Untersuchung besteht aus zwei Teilen, einem Test und anschließend einem Gespräch mit einem Verkehrspsychologen oder einer Verkehrspsychologin.
Getestet werden Reaktionsvermögen, Beobachtungsfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit sowie Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmale, die für das Verhalten im Straßenverkehr wichtig sind.
Im Gespräch mit einem Verkehrspsychologen werden der Anlass der Untersuchung, Ihre bisherigen Erfahrungen im Straßenverkehr und Probleme, die möglicherweise in diesem Zusammenhang aufgetreten sind, besprochen.
Das Original der verkehrspsychologischen Stellungnahme wird gemäß den gesetzlichen Bestimmungen direkt an unsere Behörde weitergeleitet.
Tipps und Hinweise zur VPU
-) Bitte trinken Sie ab dem Abend vor dem Test keinen Alkohol.
-) Kommen Sie ausgeschlafen und ausgeruht zu uns.
-) Nehmen Sie Medikamente nur dann, wenn diese ständig ärztlich verordnet sind Bitte nehmen darüber hinaus auf keinen Fall irgendwelche Medikamente (z.B. Beruhigungsmittel), sie könnten Ihre körperliche Verfassung beeinträchtigen.
Bitte bringen Sie Ihren Lichtbildausweis und den Zahlungsbeleg für die Untersuchungsgebühr mit.
Wenn ich noch ein paar ganz persönliche Worte anfügen darf: Ich habe in meiner Familie ein Mitglied mit einer psychischen Erkrankung und weiß, wie wichtig Anteilnahme und Verständnis sind. Ich wünsche Ihnen deshalb Angehörige und Freunde, die für Sie da sind und außerdem für die nächste Zeit viel Kraft und alles Gute.
Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen
für den Bezirkshauptmann
Beatrix Sattmann-Tauber, Sachbearbeiterin
testsiegerin - 1. Dez, 19:09
Werte Behörde,
Sie haben mir gestern ein Schreiben zukommen lassen, in welchem Sie mich höflich darauf aufmerksam gemacht haben, dass ich an einem schönen Samstag im Herbst am Fuße des Buschbergs die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten habe, indem ich statt 50 km/h satte 73 gefahren bin. Der Ort war an dieser Stelle schon fast zu Ende, ganz nebenbei erwähnt. Aber natürlich sind Sie im Recht. Sind Sie eigentlich immer im Recht, als Behörde?
Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass ich auch heute noch stolz bin auf meinen glubschäugigen Twingo.
Wie auch immer, ich möchte mich wieder sehr herzlich bedanken. Für Ihr aufmerksames Schreiben und für den Spendenerlagschein. 42 Euro sind es diesmal gar. Würfeln Sie die Strafen? Oder ist Rasen teurer geworden, weil der Straßenerhalter pleite ist? Ich hab das in der Zeitung gelesen.
Danke, dass Sie mich davor bewahrt haben, das Geld für völlig unnötige Dinge auszugeben. Unnötige, und vielleicht sogar total gefährliche Dinge. Wie einen Besuch im Hotel Orient, zum Beispiel. Kennen Sie das Hotel Orient? Eineinhalb Stunden wären sich für das Geld ausgegangen. Zeit genug, um dort einem Triebtäter in die Hände und zum Opfer zu fallen. Ich würde am Heiligen Abend nicht gemütlich vor dem Kamin sitzen und „Leise rieselt der Schnee“ singen, nein, der Schnee würde leise und unbarmherzig auf mein kaltes Grab sinken und die frischen Mohnblumen darauf sanft bedecken.
Vielleicht hätte ich mir für das Geld auch neue Gummistiefel gekauft (da kriegt man schon recht anständige darum) und wäre einem braven Beamten Ihrer Behörde damit auf die Zehen getreten. Meine alten, schwarzen Gummistiefel haben nämlich Rotweinflecken, die nicht mehr herausgehen, müssen Sie wissen. Wissen Sie bestimmt.
Ich hätte mir auch die Hörbuchausgabe von Dante Alighieris Göttlicher Komödie kaufen und beim Smalltalk ein bisschen prahlen können, indem ich daraus zitiere:
Ist für gebeugt das strenge Recht zu achten,
Wenn das erfüllt der Liebe heißer Trieb,
Was jenen oblag und sie nicht vollbrachten?
Oder ich hätte Unmengen von schokoliertem Lebkuchen auf dem Adventmarkt gekauft, für einen lieben Freund und seinen Cockerspaniel. Die Zahnarztkosten für Hund und Herrl hätten die Höhe des Strafbetrages um ein Vielfaches übertroffen.
Sie sehen schon, ich bin froh und erleichtert, dass mein Geld jetzt an einen sicheren Ort und einem wirklich wohltätigen Zweck zugute kommt.
Ich danke Ihnen deshalb noch mal von ganzem Herzen.
Ein aufrichtiges Vergelt's Gott.
Auf Ihre Antwort freue ich mich. Erzählen Sie mir doch ein bisschen über sich. Kommen Sie aus dem Mostviertel? Haben Sie Sehnsucht nach Afrika? Gehen Sie bald in Pension?
Ihre
Barbara A. Lehner
P.S. Du kannst nicht nur Jennifer, sondern auch Pamela, Britney und Paris mitnehmen, wenn du willst. Korneuburg geht übrigens in Ordnung. Wann soll ich da sein?
testsiegerin - 30. Nov, 18:29
Liebe Barbara
nur kurz, ich muss nämlich gleich los. Es ist fünf vor vier und ich will keinen Augenblick länger als notwendig arbeiten. Du weißt ja, wie wir Beamten sind. Außerdem hatte ich keinen guten Tag.
Wie wäre es, wenn du in Zukunft Gedichte an dich gleich selber schreibst?
Goethe hat übrigens sehr wohl als letztes Wort „auch“ verwendet. „Warte nur, balde ruhest du auch.“
Trotzdem danke für deine Kritik, die du mir wie einen nassen Waschlappen um die Ohren gefetzt hast. Sollte man sie nicht wie einen wärmenden Mantel reichen?
Zum Adventmarkt würde ich gerne mit dir fahren, Barbara. Stört es dich sehr, wenn ich uns dafür mein Auto anbiete? Ich mach mich nämlich nicht so gern schmutzig. Soll ich dich abholen oder treffen wir uns in Korneuburg?
Hast du etwas dagegen, wenn Jennifer mitkommt?
Ach ja, die Anonymverfügung ist auch unterwegs. Tut mir leid.
Liebe Grüße
Herwig
testsiegerin - 29. Nov, 18:26
Lieber Herwig,
puhh, ich trinke nie wieder so viel Prosecco. Der Alkohol schwemmt meine Hemmungen davon.
Aber – und jetzt wirst du staunen – ich nehme den Kuss nicht zurück. Behalt ihn ruhig, es war eh ein total kleiner, harmloser Kuss.
Danke für das Gedicht. Nun ja, Rilke wird keiner aus dir, aber du hast dich sehr bemüht.
Gleich in der ersten Strophe, da benützt du die Wendung „voll in mein Leben gerast.“ So geht das nicht. Das ist viel zu austauschbar und allgemein. Da braucht es etwas Stärkeres als das Wort Leben. Verstehst du, was ich meine? Ich bin ja sozusagen nicht nur ein bisschen an dir vorbeigerast, sondern total angeknallt, also musst du das auch im Gedicht so ausdrücken. „Voll gegen die Wände meiner Herzkammer geknallt“ vielleicht.
Die Zeile mit den Gummistiefeln könntest du etwas weicher und sanfter formulieren, finde ich. Gummistiefel sind nicht wirklich poetisch. Und Wut auf Mut zu reimen ist etwa so originell wie Herz auf Schmerz und zeugt nicht von allzu großem Einfallsreichtum. Nun gut, Hut wäre noch schlimmer gewesen und Blut oder Glut auch. Versuch es mal mit akut oder absolut, oder – um bei der misslungenen Meermetapher zu bleiben – mit Flut. Und das L in Flut nicht vergessen, ja?
Der Schluss, der ist leider ganz schlecht, Herwig. Man kann nicht auch auf Bauch reimen, ohne dass der Leser schlimme Bauchkoliken bekommt. Und dieses einsilbige Wort so ganz allein am Ende stehen lassen. Außerdem wird auch inhaltlich nicht klar, worum es geht. Soll ich das Klopfen in deinem Bauch hören oder in meinem eigenen? (Das Klopfen im Bauch find ich übrigens schön, weil Herzen klopfen eh überall, Bäuche grummeln meistens nur oder knurren, das hast du richtig gut gemacht.)
Egal, da musst du auf jeden Fall noch mal ran.
Versuch doch, nicht zu viele unterschiedliche Bilder zu vermischen. Das tun die meisten Gedichter-Anfänger. Schlichtheit ist gefragt, das Einfache wirkt oft am meisten. Sieht man ja an mir.
Noch etwas: Du hast in der ersten Strophe das Rasen, dann das Fliegen, das ist gut, bleib also bei der Bewegung, oder kehre wenigstens am Ende wieder dorthin zurück.
Kränk dich nicht über meine Kritik, wird schon noch. Ist halt nicht jeder zum Dichter geboren, jeder Mensch hat andere Fähigkeiten. Ich zum Beispiel kann nicht stricken.
In dem spannenden Büchlein hab ich noch nicht weiter gelesen, ich hatte die letzten Tage zu viel um die Ohren.
Herwig, ich würde gern mit dir über den Adventmarkt spazieren, wenn du mir die Maroni schälst. Und ich füttere dich mit Lebkuchen, wenn du versprichst, mir nicht die Finger abzulutschen.
Wie wäre es mit Retz? Nächste Woche findet dort der Adventmarkt „drüber und drunter“ statt. (Ich bin lieber drunter, übrigens.)
Highlights sind der „unterirdische Advent“ im Erlebniskeller, der Weihnachtskarpfenverkauf aus dem Stadtbrunnen und als besondere Attraktion der Perchtenlauf.
Alles Liebe
Barbara
testsiegerin - 28. Nov, 18:42