Mit Abstand besser
Die Welt um mich herum ist so laut. Oder sind es die Kinder, der Fernseher, das Klavier, die Musik, die Sekretärin, mein Herzklopfen, die wirren Gedanken? (Zutreffendes bitte ankreuzen)
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Die Antidepressionslampe ist wieder ausgepackt und hat ihren Winterbetrieb aufgenommen, denn die saisonal abhängige Depression, kurz Herbst-Winter-Depression genannt, ist pünktlich angekommen. Dafür ist die Kollegin weg. Ausgebrannt. Wie mein Konto. Ich werde es bestrahlen. Das Konto, nicht die Kollegin.
Vielleicht übernimmt ja die Regierung die Haftung für meine Kredite. Ich werde mal mit denen reden und sie darüber abstimmen lassen. Meine Schulden sind Erdnüsse im Vergleich zu den Meteoriten der internationalen Bankenkrise. Niemand kann mir sagen, ob meine Kredite sich ebenso in Luft auflösen wie die Aktiengewinne, wenn die Bank kracht.
Aber keine Sorge, ich schreibe nicht über meine Sorgen. Sonst kriechen die anonymen Leser mit ihren ausgestreckten anonymen Zeigefingern wieder aus ihren Löchern und sagen mir, dass ich selbst Schuld an meinen Schulden bin und sie gefälligst nicht damit belästigen soll.
Haben wir eigentlich grad eine Regierung? Kriegen wir eine? Brauchen wir eine?
Wir hatten eine Wahl. Warum hab ich trotzdem oft das Gefühl, keine Wahl zu haben?
Es geht mir gut. Meistens. Draußen ist es nass und kalt, aber im Ofen liegt trockenes Holz und der Kühlschrank ist voll mit billigen Nahrungsmitteln. Außerdem hab ich mir diese Woche ohnehin so richtig den Bauch mit hochwertigen, biologischen Speisen vollgeschlagen in dem schönen Hotel inmitten der oberösterreichischen Kalkalpen. Nein, ich muss Sie enttäuschen, anonymer Leser, ich hab mein überzogenes Konto nicht für einen überzogenen Urlaub noch weiter überzogen. Ich hab gearbeitet und angehende Teamleiterinnen ausgebildet. Gemeinsam mit einem Trainer, neben dem ich mir dumm und ahnungslos vorgekommen bin, weil er so klug und ahnungsvoll war. Das Gefühl hat nicht er mir gegeben, sondern ich hab es mir genommen. Freiwillig. Warum? Weil ich mich so gern in Selbstmitleid suhle. Ich weiß, das klingt pervers für eine Rampensau wie mich. Ist es auch.
Einiges auf der Welt läuft schief, vor allem in Österreich. Jugendliche wählen die FPÖ. Weil sie cool ist. Jugendliche leben zunehmend pragmatischer und angepasster, haben sie heute im Radio gesagt. Möglichst schnell wollen sie Karriere machen. Rebellion und Gesellschaftskritik sind ihnen fremd geworden.
Verdammt noch, müssen wir alles selber machen? Früher mal, als ihr euch noch blöd aufgeführt habt, liebe Kids und Teens, wie es sich gehört, früher, als sie die Köpfe geschüttelt haben über die "Jugend von heute", da hab ich euch verteidigt und gemeint: Die Aufgabe der Jugend ist die Rebellion. Und ihr habt verstanden: Die Aufgabe der Jugend ist es, brav zu sein, möglichst wenig nachzudenken und rechte Parteien zu wählen, wiel sie gratis Bier ausschenken und über Ausländer schimpfen.
Ja, ich weiß schon: Wenn du wissen willst, was du gesagt hast, frag die, die dich gehört haben. Das ist auch so ein schöner Satz, den ich von dem Seminar mit nach Hause genommen hab. Der schönste aber war: Bitte nicht helfen, das Leben ist auch so schon schwer genug.
Zurück zur Jugend ohne Rebellion. Ganz schön wütend macht mich das, obwohl die Aufgabe von Leuten in meinem Alter nicht die Wut, sondern die Gelassenheit ist.
Warum ich den ganzen Scheiß hier schreibe?
Weil mir nichts anderes einfällt. Weil das Leben mich oft zornig, ratlos, ohnmächtig und verwundert zurücklässt. Damit ich überhaupt etwas schreibe, weil meine Phantasie am Abend meistens lang vor mir einschläft und ungehalten wird, wenn ich versuche sie zu wecken. (Zutreffendes bitte ankreuzen) xxx
Mein Neuer heißt übrigens Lupo und ist natürlich nicht neu, sondern gebraucht. Das tut aber nichts zur Sache, denn auch ich bin nicht neu, sondern verbraucht. Wir passen gut zusammen, glaub ich.
Am Montag fahr ich wieder weg. Diesmal leite ich nicht, sondern lasse mich leiten.
„Mit Abstand besser“ heißt das Seminar, an dem ich teilnehme. Ich hoffe, was ich schreibe, wenn ich wieder da bin, wird mit Abstand besser.
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Die Antidepressionslampe ist wieder ausgepackt und hat ihren Winterbetrieb aufgenommen, denn die saisonal abhängige Depression, kurz Herbst-Winter-Depression genannt, ist pünktlich angekommen. Dafür ist die Kollegin weg. Ausgebrannt. Wie mein Konto. Ich werde es bestrahlen. Das Konto, nicht die Kollegin.
Vielleicht übernimmt ja die Regierung die Haftung für meine Kredite. Ich werde mal mit denen reden und sie darüber abstimmen lassen. Meine Schulden sind Erdnüsse im Vergleich zu den Meteoriten der internationalen Bankenkrise. Niemand kann mir sagen, ob meine Kredite sich ebenso in Luft auflösen wie die Aktiengewinne, wenn die Bank kracht.
Aber keine Sorge, ich schreibe nicht über meine Sorgen. Sonst kriechen die anonymen Leser mit ihren ausgestreckten anonymen Zeigefingern wieder aus ihren Löchern und sagen mir, dass ich selbst Schuld an meinen Schulden bin und sie gefälligst nicht damit belästigen soll.
Haben wir eigentlich grad eine Regierung? Kriegen wir eine? Brauchen wir eine?
Wir hatten eine Wahl. Warum hab ich trotzdem oft das Gefühl, keine Wahl zu haben?
Es geht mir gut. Meistens. Draußen ist es nass und kalt, aber im Ofen liegt trockenes Holz und der Kühlschrank ist voll mit billigen Nahrungsmitteln. Außerdem hab ich mir diese Woche ohnehin so richtig den Bauch mit hochwertigen, biologischen Speisen vollgeschlagen in dem schönen Hotel inmitten der oberösterreichischen Kalkalpen. Nein, ich muss Sie enttäuschen, anonymer Leser, ich hab mein überzogenes Konto nicht für einen überzogenen Urlaub noch weiter überzogen. Ich hab gearbeitet und angehende Teamleiterinnen ausgebildet. Gemeinsam mit einem Trainer, neben dem ich mir dumm und ahnungslos vorgekommen bin, weil er so klug und ahnungsvoll war. Das Gefühl hat nicht er mir gegeben, sondern ich hab es mir genommen. Freiwillig. Warum? Weil ich mich so gern in Selbstmitleid suhle. Ich weiß, das klingt pervers für eine Rampensau wie mich. Ist es auch.
Einiges auf der Welt läuft schief, vor allem in Österreich. Jugendliche wählen die FPÖ. Weil sie cool ist. Jugendliche leben zunehmend pragmatischer und angepasster, haben sie heute im Radio gesagt. Möglichst schnell wollen sie Karriere machen. Rebellion und Gesellschaftskritik sind ihnen fremd geworden.
Verdammt noch, müssen wir alles selber machen? Früher mal, als ihr euch noch blöd aufgeführt habt, liebe Kids und Teens, wie es sich gehört, früher, als sie die Köpfe geschüttelt haben über die "Jugend von heute", da hab ich euch verteidigt und gemeint: Die Aufgabe der Jugend ist die Rebellion. Und ihr habt verstanden: Die Aufgabe der Jugend ist es, brav zu sein, möglichst wenig nachzudenken und rechte Parteien zu wählen, wiel sie gratis Bier ausschenken und über Ausländer schimpfen.
Ja, ich weiß schon: Wenn du wissen willst, was du gesagt hast, frag die, die dich gehört haben. Das ist auch so ein schöner Satz, den ich von dem Seminar mit nach Hause genommen hab. Der schönste aber war: Bitte nicht helfen, das Leben ist auch so schon schwer genug.
Zurück zur Jugend ohne Rebellion. Ganz schön wütend macht mich das, obwohl die Aufgabe von Leuten in meinem Alter nicht die Wut, sondern die Gelassenheit ist.
Warum ich den ganzen Scheiß hier schreibe?
Weil mir nichts anderes einfällt. Weil das Leben mich oft zornig, ratlos, ohnmächtig und verwundert zurücklässt. Damit ich überhaupt etwas schreibe, weil meine Phantasie am Abend meistens lang vor mir einschläft und ungehalten wird, wenn ich versuche sie zu wecken. (Zutreffendes bitte ankreuzen) xxx
Mein Neuer heißt übrigens Lupo und ist natürlich nicht neu, sondern gebraucht. Das tut aber nichts zur Sache, denn auch ich bin nicht neu, sondern verbraucht. Wir passen gut zusammen, glaub ich.
Am Montag fahr ich wieder weg. Diesmal leite ich nicht, sondern lasse mich leiten.
„Mit Abstand besser“ heißt das Seminar, an dem ich teilnehme. Ich hoffe, was ich schreibe, wenn ich wieder da bin, wird mit Abstand besser.
testsiegerin - 3. Okt, 19:46