Donnerstag, 24. Januar 2008

Die Geschichte vom leidenden Löwen

In der Savanne lebte ein Löwe. Ein prächtiger Löwe mit mächtiger Mähne. Er war der schönste weit und breit, der stolzeste, und er brüllte lauter und tiefer als sämtliche Tiere der Steppe.
Der Löwe liebte eine Gazelle. Eine Damagazelle, sie war im Gegensatz zu ihren unifarbenen Artgenossinnen gemustert und hatte einen weißen Fleck an der Kehle, der sie zu etwas ganz Besonderem machte. Der Löwe nannte sie zärtlich „meine Dramagazelle“, denn er liebte nicht nur die Gazelle und das Leben, er liebte auch das Drama. Tiefe Leidenschaften, große Gefühle, heftige Szenen. Großes Theater - wie es sich für den König der Savanne ziemte.
Auch die Gazelle liebte den Löwen von ganzem Herzen, sie schätzte das Vertraute und bewunderte das Fremde in ihm. Die Gier, mit der er die Fleischlieferung verschlang, die vom Lastwagen fiel, der das nahe Hotel belieferte. Sie beneidete ihn um seinen Hang zum Müßiggang und die Leichtigkeit seines Seins, die – aber das entdeckte die Gazelle erst später – oft mehr Schein als Sein war. Während die anderen Bewohner der Savanne jagten und sammelten, ums Überleben kämpften oder auf der Flucht waren, lehnte der Löwe an einem Baum und philosophierte.
In die Bewunderung der Gazelle mischte sich manchmal die Angst. Nämlich dann, wenn er seine Pranken ausfuhr, sie zärtlich damit kraulte und ihr ins Ohr flüsterte: „Ich hab dich zum Fressen gern.“

Als eines Tages der Löwe wieder einmal in der Sonne lag, sich von Hyänen und Erdmännchen bewundern und befürchten ließ und ihnen Abenteuer aus seinem Leben erzählte, hüpfte die Gazelle, die das Stillsitzen nicht gewohnt war, über die grasbedeckten Hügel an einen nahen See. Und ohne dass der Löwe eingreifen konnte, nahm die Geschichte ihren Lauf. Noch ehe die Sonne untergegangen war, waren Gazelle und Springbock ein Paar.

„Mein Dramagazellchen hat mir Hörner aufgesetzt“, vergaß der stolze Löwe seinen Stolz und schluchzte. So heftig schluchzte er, dass der trockene Boden zitterte.
„Hilfe! Ein Erdbeben!“ Die Erdmännchen, die das Paar seit vielen Jahren kannten und schätzten, krochen aus ihren Löchern. Sie sahen den leidenden Löwen und hatten großes Mitleid mit ihm.
„Wenn es wenigstens ein anderer Löwe wäre!“, fauchte der Löwe wütend, „aber nein, ein Bock. Ein geiler Bock. Ein Pflanzenfresser! Der weiß ja nicht einmal, wie man eine Hyäne reißt!“

„Die Damagazelle war sehr, sehr böse“, raunten die Erdmännchen dem Löwen zu, „weil sie dir so weh getan hat. Sie wird sich bestimmt bald besinnen, dass der Neue nicht zu ihr passt und dass du viel schöner und klüger bist als dieser Bock, der so seltsam über Stock und Stein springt.“

Der Affenbrotbaum, an dem der Löwe Tag für Tag sein Fell rieb, lauschte den Worten der Erdmännchen und schüttelte ein paar Blätter ab. Viel hatte er gesehen hier in der Savanne in den letzten tausend Jahren, und viel hatte er erlebt. An manches aber würde er sich nie gewöhnen.
„Kein Baum sagt einem anderen, wie er wachsen soll“, dachte er, „wann verstehen das die Vier- und Zweibeiner endlich?“

Der Löwe klagte allen Tieren des Landes sein Leid.
„Schau her“, zeigte er dem Tiger das Schlammloch, das er sich aus Kummer gegraben und mit Tränen gefüllt hatte, „schau, wie dreckig es mir geht. Bring mir die Gazelle wieder zurück, du bist doch ihr Freund. Und meiner. Wir Raubkatzen müssen jetzt zusammenhalten!“
„Hm“, knurrte der Tiger und wusste keinen Rat, denn für die Weisheit war die Schleiereule zuständig, die ganz oben im Geäst des Baumes lebte, aber nur am ersten Vollmond im Jahr Gäste empfing. „Ich will doch nur“, fuhr der Tiger fort, „dass die Gazelle glücklich ist, egal mit wem. Und ich will, dass auch du glücklich bist, auch egal mit wem. Vor allem aber will ich, dass ich glücklich bin. Nicht egal, mit wem.“

In einer Höhle im afrikanischen Baobab, wie der Affenbrotbaum heißt, hockte ein Langflügelpapagei und sang ein trauriges, aber wunderschönes Lied. „Das Glück ist ein Vogerl“, flötete er, „wenn es bei dir ist, kannst du es kurz fest halten, aber du darfst es nicht festhalten, sonst erstickt es. Du musst es fliegen lassen“, und schon flog er davon, der Papagei mit den bunten Kleidern und der schönen Stimme.

Keiner kann mir helfen, grummelte der Löwe und schlief traurig ein.
Nur ich selbst kann mir helfen, dachte er, als er aufwachte, denn er hatte bemerkt, dass die Traurigkeit für jemanden, der das Leben und die Lust liebte, auf die Dauer alles andere als lustig war. Außerdem fühlte er sich nicht mehr wohl in seiner schlammverkrusteten Haut und mit seiner verklebten Mähne. Bestimmt sah er richtig jämmerlich aus.
Als die Sonne aufging, stapfte er zur Quelle und spülte sich den Kummer vom Körper. Als er sauber war, besah er seinen Löwenleib im Wasserspiegel. Das Fell glänzte wieder und sein Schwanz war geschmeidig und weich. Sein Körper war voller Narben, die das Leben ihm zugefügt hatte. Und ich habe sie alle überlebt, dachte er stolz. Jede einzige. So oft, wie ich hingefallen bin, bin ich auch wieder aufgestanden.
Er trank von dem klaren Wasser und blickte in die Weite der Savanne. In der Ferne erkannte er die funkelnden Augen einen Gepardin.

Bevor er sich auf den Weg machte, blickte er noch einmal zurück. Zurück auf seine Vergangenheit und die aufregende Zeit mit der Gazelle. Es tat noch immer weh. Trotzdem sagte er: „Ich wünsche dir alles Glück der Welt.“

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

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